Zukunft

Wie aus Menschen Cyborgs werden

Wie aus Menschen Cyborgs werden: Neil Harbisson beim Swiss Leadership Forum am 29.11.2017 in Zürich

Wel­che Mög­lich­kei­ten bie­ten Digi­ta­li­sie­rung, Robo­tik und künst­li­che Intel­li­genz, wohin füh­ren sie uns gesell­schaft­lich? Wie pro­fi­tie­ren Unter­neh­men davon? Das sind die The­men auf dem Swiss Lea­dership Forum 2017 in Zürich. Ein wich­ti­ger Speaker ist Neil Har­bis­son, der welt­weit erste offi­zi­ell aner­kannte Cyborg.

Wer ist Neil Harbisson?

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Der 1984 in Kata­lo­nien gebo­rene Avantgarde-Künstler mit bri­ti­schen Wur­zeln ist ein Cyborg-Aktivist, der heute in New York lebt. Als ers­ter Mensch der Welt lebt er die bio­lo­gi­sche Digi­ta­li­sie­rung: In sei­nem Kopf ist eine Antenne implan­tiert. Dass er ein Cyborg ist, also eine Mischung aus Mensch und Maschine, wurde inzwi­schen staat­lich aner­kannt. Har­bis­sons Antenne über­setzt hör­bare Schwin­gun­gen im Kopf in Infor­ma­tio­nen. Sie misst und erkennt elek­tro­ma­gne­ti­sche Strah­lung, Musik, Videos, Bil­der und Tele­fon­an­rufe. Die Bil­der wer­den in Klänge über­setzt. Auch Satel­li­ten­si­gnale kann Har­bis­son über seine Wi-Fi-Antenne emp­fan­gen. Das erste mit ihm ver­bun­dene Gerät war ein Eye­borg, der Far­ben in Klänge über­setzt. Dass er durch Implan­tate zum Cyborg wurde, geht seit 2004 durch die inter­na­tio­na­len Medien. Damals erhielt er sei­nen offi­zi­el­len «Cyborg-Status» durch die bri­ti­schen Behör­den ver­lie­hen, als diese sei­nen Pass ver­län­ger­ten und dabei — nach Inter­ven­tion durch Har­bis­sons Arzt und Uni­ver­si­täts­pro­fes­so­ren — auf dem Pass­foto den sicht­ba­ren Eye­borg akzep­tie­ren muss­ten. Sie aner­kann­ten damit, dass der junge Mann ein Cyborg ist. Har­bis­son ist ein Cyborg-Künstler. Er ver­fügt durch die Implan­tate über neue Sinne auf­grund der stän­di­gen Ver­bin­dung zwi­schen sei­nem Gehirn und elek­tro­ni­schen Kom­po­nen­ten. Durch sei­nen neuen Sta­tus erschloss sich ihm auch die juris­ti­sche Pro­ble­ma­tik von Cyborgs. Er grün­dete daher 2010 die Cyborg Foun­da­tion. Diese inter­na­tio­nale Stif­tung ver­tei­digt Cyborg-Rechte und för­dert den soge­nann­ten “Cybor­gis­mus” als eine Kunst­be­we­gung. Zudem för­dert sie Men­schen, die zum Cyborg wer­den wol­len. Das wirkt zunächst nicht unbe­dingt rele­vant für die All­ge­mein­heit, doch man stelle sich den umge­kehr­ten Vor­gang vor, näm­lich die Ver­knüp­fung einer Maschine mit mensch­li­chen Ele­men­ten. Die­sen Weg beschrei­tet die Robo­tik längst. Wenn also ein ursprüng­li­cher Robo­ter irgend­wann mit einem mensch­li­chen Gehirn oder Tei­len davon aus­ge­stat­tet würde, müsste die Frage gestellt wer­den, wel­chen juris­ti­schen Sta­tus die­ses Wesen — per se ebenso ein Cyborg — dann erhält. Har­bis­sons Vor­rei­ter­rolle ist daher nicht hoch genug ein­zu­schät­zen. Er wirkt dar­über hin­aus auch auf ganz prak­ti­schen Geschäfts­fel­dern. 2015 grün­dete er das Unter­neh­men Cyborg Nest, das mit künst­li­chen Sin­nen die Wahr­neh­mung erwei­tert, also eine Spiel­art der Aug­men­ted Rea­lity aufgreift.

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Wie kam Neil Harbisson auf diese Ideen?

Har­bis­son wurde mit Achro­ma­t­op­sie gebo­ren. Sol­che Per­so­nen sehen keine Far­ben, son­dern nur schwarz-weiss-graue Schat­tie­run­gen, sie sind also abso­lut far­ben­blind. Im Alter von 20 Jah­ren instal­lierte sich der tech­nisch und künst­le­risch hoch­be­gabte Har­bis­son dann einen Eye­borg, der ihm Far­ben in Klänge über­setzt. Den dadurch erreich­ten Zustand nennt die Fach­welt “Sono­chro­ma­tis­mus” (eine Zusam­men­set­zung von grie­chisch chroma = Farbe und latei­nisch sonus = Klang). Har­bis­son ist “far­ben­hö­rig” und nach eige­nen Aus­sa­gen nicht mehr “far­ben­blind”, denn schließ­lich kann er nun Far­ben unter­schei­den. Sofort fällt dem vor­ge­bil­de­ten Leser die Syn­äs­the­sie ein, bei der Men­schen zu Far­ben bestimmte Töne und Klänge emp­fin­den. Doch das treffe auf ihn eben­falls nicht zu, so Har­bis­son. Bei der Syn­äs­the­sie hört näm­lich jede davon betrof­fene Per­son zu jeder Farbe einen ganz eige­nen Klang, doch Har­bis­son hört zu jeder exak­ten Farbe einen exak­ten Ton — so ein E für Rose, ein Cis für Blau, ein A für Grün und ein F für Rot. Er kann daher wie ein ganz nor­ma­ler Mensch jede Farbe exakt erken­nen. Mit sei­ner durch die Implan­tate geschaf­fe­nen Sono­chro­ma­t­op­sie ver­fügt er über einen zusätz­li­chen Sinn, den er sicher auf dem Swiss Lea­dership Forum 2017 demons­trie­ren wird. Der Sohn einer spa­ni­schen Mut­ter und eines iri­schen Vaters wuchs in Kata­lo­nien auf, lernte Kla­vier und stu­dierte Kunst im Alex­an­der Sator­res Insti­tut. Seine künst­le­ri­schen Arbei­ten führte er schwarz-weiß aus. Ab dem 18. Lebens­jahr stu­dierte er Kla­vier an der Dub­li­ner Wal­tons School of Music, anschlie­ßend stu­dierte er Kla­vier und expe­ri­men­telle Kom­po­si­tion am eng­li­schen Dar­ting­ton Col­lege of Arts. Seine Leh­rer waren der ein­ar­mige Pia­nist John Rail­ton und der eng­li­sche Kom­po­nist Frank Denyer. Von Rail­ton lernte Har­bis­son, dass ein kör­per­li­ches Han­di­cap kein Hin­de­rungs­grund für ein erfüll­tes, leis­tungs­be­zo­ge­nes Leben sein muss. Wäh­rend des Stu­di­ums lernte er den Kybernetik-Absolventen Adam Montan­don ken­nen, mit ihm zusam­men schuf er sei­nen Eye­borg für die Über­set­zung von Far­ben in Klänge.

Die Bedeutung von Harbissons Entwicklung für die künstliche Intelligenz

Für die Digi­ta­li­sie­rung, die Robo­tik und die künst­li­che Intel­li­genz ist ein “erfolg­rei­cher Cyborg” ein gro­ßer Gewinn. Mensch und Maschine wach­sen schon län­ger auf unter­schied­lichs­ten Ebe­nen und Wegen zusam­men, doch so sym­bio­tisch wie bei Har­bis­son ist die Ver­bin­dung nur äußerst sel­ten. Die Zukunft aber, um die es schließ­lich auf dem Swiss Lea­dership Forum 2017 geht, wird von Cyborgs geprägt wer­den. Schon heute erwei­tern Men­schen ihre Sinne mit Vir­tual und Aug­men­ted Rea­lity, die längst auch im indus­tri­el­len Pro­duk­ti­ons­all­tag ange­kom­men sind. Der Cyborg Har­bis­son reprä­sen­tiert die nächste Stufe bei die­ser Evolution.

Expect the Unexpected

Die dies­jäh­rige Aus­gabe des Swiss Lea­dership Forum the­ma­ti­siert den Umgang mit dem Uner­war­te­ten und beleuch­tet mit sei­nen Refe­ren­ten und Podi­ums­gäs­ten unter­schied­li­che Aspekte des Mög­li­chen und ver­meint­lich Unmög­li­chen. Las­sen Sie sich inspirieren!

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Mehr Infor­ma­tio­nen auf www.swissleader.ch. Die Regis­tra­tion ist ab sofort geöff­net: www.swissleader.ch/registration.

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