Was bedeutet «Digital Leadership»?
Der Weizenkornlegende aus der Zeit des nachchristlichen Indiens zufolge wünscht sich der weisse Brahmane Sis-sa ibn Dahir als Dank für den Schachunterricht seines Königs Weizenkörner. Auf das erste Feld des Schachbretts wollte er ein Korn, auf das zweite sollten zwei kommen, auf das dritte doppelt so viele, also vier, auf das vierte wieder doppelt so viele und so weiter, bis alle Schachfelder mit Weizenkörnern bedeckt seien. Nach anfänglichem Staunen über die Bescheidenheit seines Gegenübers erkannte der König die List seines Untertanen: Er würde schlussendlich so viele Weizenkörner schenken müssen, wie es sie in seinem Reich gar nicht geben kann. Diese Parabel zeigt die unglaubliche Wirkung exponentiellen Wachstums, wie sie zurzeit im Rahmen der zunehmenden Digitalisierung von uns Führungskräften erfahren wird.
Die Digitalisierung ist allgegenwärtig, ja es wird ein regelrechter Hype um sie herum veranstaltet, wie wir ihn vielleicht seit dem «Millenium-Bug» nicht mehr erlebt haben. Handelt es sich bei der digitalen Transformation aber wirklich um einen Hype? Wohl kaum! Die Digialisierung ist Realität und beeinflusst nicht nur Unternehmen mit digitalen An-geboten, sondern sie verändert Markt-, Geschäfts– und Führungslogiken auch in bisher nicht oder wenig digitalisierten Branchen und Geschäftsfeldern, wie zahlreiche Beispiele zeigen. Dabei entstehen noch nie dagewesene Möglichkeiten für neue Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodelle. Die Digitalisierung lässt Brücken entstehen zwischen geografischen Regionen, grossen und kleinen Unternehmen sowie marktnahen oder –fernen Playern. Kein Unternehmen ist zu klein oder zu fern, um davon zu profitieren oder, im negativen Fall, darunter zu leiden. Dasselbe gilt auch für Ideen: Auf einem globalen Markt haben auch vermeintlich kleine Ideen grosse Chancen, währenddessen scheinbar grosse Ideen beschränkt auf einen nationalen Markt immer weniger Erfolg versprechen. Chancen und Risiken treffen hier frontal aufeinander.
«Industrie 4.0», «Internet der Dinge» und «Big Data» zählen heute zu den meistdiskutierten Themen der (digitalen) Geschäftswelt und haben grundlegende Veränderungen in Gang gesetzt. Die Anforderungen an den erfolgreich und nachhaltig agierenden Leader werden sich dadurch markant verändern und Geschäftsmodelle von etablierten Konzernen werden von jungen, agilen Unternehmen und Startups herausgefordert, bisweilen sogar überrannt. Die digitale Transformation greift gnadenlos in bisher anerkannte Spielregeln ein und dynamisches Change-Management ist angesagt.
Und genau hier kommt der neue Begriff «Digital Leadership» ins Spiel. «Digital Leadership» bedeutet aus unserer Sicht, dass Führungspersönlichkeiten die Zeichen der Zeit erkennen, Führrungssysteme anpassen und Unternehmenskulturen kreieren müssen, welche mit diesem dauernden Veränderungsprozess und den sich daraus ergebenden Chancen und Risiken erfolgreich umgehen, resp. diese für sich und ihre Unternehmen als wertvolle Hebel nutzen können. Dabei müssen alte und liebgewonnene Führungsgepflogenheiten in Frage gestellt und neue Methoden, welche beim ersten Betrachten als nicht praktikabel oder doch zumindest sehr ungewohnt erscheinen, in Betracht gezogen werden.
Der Artikel entstand im Rahmen des Weissbuchs «Faszination Leadership» Ausgabe 2016/2017. Mehr zum Weissbuch >
Kategorie: Digital Leadershp